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Aktuelle Zuchtwertschätzung gleicht einem "Missverständnis oder Aprilscherz"

– Interbullergebnisse werfen sehr viele Fragen auf - Beim Studieren der Interbull-Zuchtwerte aus der April-Schätzung fallen einige gravierende Unterschiede im Vergleich zu den Januar-Werten auf. Grund dafür sind einige bedeutende Veränderungen in der deutschen Zuchtwertschätzung. Da die Ergebnisse am 01. April veröffentlicht sind, war man nicht sicher, ob es sich um einen Aprilscherz seitens des Rechenzentrums VIT in Verden gehandelt hat. Es war aber leider kein Aprilscherz. Besonders die Veränderungen der Zuchtwerte für Milchtyp und Körper sind teilweise gravierend. Wie Sie sicher in den Veröffentlichungen der letzten Wochen gelesen haben, wurde die Formel zur Berechnung des Gesamtzuchtwertes RZG umgestellt, wobei u.a. nur noch die Zuchtwerte für das Fundament und für das Euter hineinfließen. Der RZE als Gesamt-Typzuchtwert bleibt für den RZG also außen vor. Soweit, so gut. Daneben wurde auch beschlossen, dass der Zuchtwert für den Merkmalskomplex Körper die Linearmerkmale Größe, Körpertiefe und Stärke nur noch bis zu einem Wert von maximal 112, also einer Standardabweichung in den Gesamtzuchtwert für das Exterieur RZE einfließen können und oberhalb von 112 diese Werte gekappt werden. Das heißt also, dass unabhängig der Beckenvererbung die Vererber, die sowohl viel Körper als auch Rahmen vererben, genauso behandelt werden, wie solche, die eher eine kleinere und leichtere Kuh hinterlassen. Mit anderen Worten erhalten die Bullen mit der Vererbung von „quadratisch praktisch gut“ neuerdings ihre Vorzüge. Interessant an dieser Stelle ist die Tatsache, dass zugleich eine Neuberechnung der Merkmalskomplexe Milchtyp, Körper, Fundament und Euter vorgenommen wurde, wobei der Komplex Milchtyp und besonders Körper teilweise mehr als 10 Zuchtwertpunkte verloren haben. Da fragt sich der Praktiker: „Wie kann das sein?“ Man ist sich sicher einig darüber, dass Zucht bedeutet, die Schwächen einer Kuh auszugleichen, indem ein Bulle gesucht wird, der besondere Stärken in dem jeweiligen Merkmal besitzt. Weiterhin besteht Einigkeit darüber, dass Vererber mit besonders hohen Zuchtwerten für bestimmte Merkmale auch einen schnelleren Zuchtfortschritt in diesem Merkmal bringen. Nach der jüngsten Schätzung wird es mitunter schwierig, diese Ausreißer besonders in dem Merkmal Körper zu finden. Bullen, die bis zur April-Schätzung noch Körperzuchtwerte von 140 hatten, liegen nun bei 118 oder 120, ohne das dieser Vererber Töchter hinzu bekommen hat. Nachdem wir Töchter dieser Bullen besichtigt haben, waren auch wir der Meinung, diese Vererber als Stärkebullen anbieten zu können. Auch die Originalzuchtwerte im jeweiligen Ursprungsland weisen diese Vererber als ausgesprochene Spezialisten im Merkmal Körper aus. Nun, mit den umgerechneten Zuchtwerten, werden sie auf ein Mittelmaß herunter gerechnet und werden auf einem Niveau mit Bullen aus dem heimischen Angebot gebracht, die unseren Bullen bei weitem nicht das Wasser reichen können. Vor einer solchen Umstellung, die ja ganz offensichtlich drastische Veränderungen besonders bei den meisten Importbullen aus den USA und Kanada mit sich gebracht hat, hätte man besser einmal die Praxis befragt, die berechtigterweise nach Stärkebullen mit Kaliber Ausschau halten und regelrecht danach betteln. Dabei sprechen wir bestimmt nicht nur von Größe, sondern von Rahmen und Stärke verbunden mit Qualität, also dem neuen kanadischen Merkmal Dairy Strength, welcher übrigens bereits des Öfteren auch hier in Deutschland im Richtring positiv erwähnt wird. Für Theoretiker ist es sicher schwierig, das zu verstehen und deshalb sollten in so wichtigen Entscheidungen unbedingt auch die Milchproduzenten involviert werden, wie das zum Beispiel in Kanada der Fall ist. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Werte aus der April-Schätzung zunächst durch das deutsche Rechenzentrum falsch berechnet waren. Diese Aussage kam vom VIT, nachdem verschiedene Personen beim Rechenzentrum mehrmals nachgefragt haben. Daraufhin erfolgte eine für uns überraschende Neuberechnung aller Bullen mit ausschließlich Interbullergebnissen, die aber Erwartungsgemäß kleine, aber keine großen Veränderungen gebracht haben. Allein daran sieht man, dass eine diesbezügliche Überprüfung der Arbeit im Rechenzentrum von einer unabhängigen Instanz von Nöten wäre. Allerdings wird gegenüber der Praxis immer mehr der Eindruck vermittelt, das es sich beim Rechenzentrum NICHT um eine unabhängige Organisation handelt wie es eigentlich sein sollte sondern vielmehr um die ausführende Institution der deutschen Zuchtverbände. Aus Sicht von SEMEX Deutschland steht fest, dass alle Veränderungen am System und an den Formeln in Deutschland nichts an der sehr guten Qualität und an der entsprechenden Wiederholbarkeit kanadischer Zuchtwerte rütteln kann. Keine andere Organisation kann momentan mehr Vererber mit Zuchtwerten aus dem Wiedereinsatz anbieten als SEMEX. Diese Vererber haben ihre ersten Zuchtwerte bestätigt und das in vielen verschiedenen Ländern. Gibt es einen besseren Beweis? Für die Praxis bedeutet das, dass sich die Auswahl der Vererber grundsätzlich nach den Originalwerten und nach der Platzierung im Ursprungsland richten sollte und nicht nach unsicheren Zahlen, die auf Umrechnungsformeln basieren, die alle Jahre wieder verändert werden und immer wieder eine andere extreme Ausrichtung verfolgen. SEMEX Deutschland war und ist immer offen in der Veröffentlichung der Daten. Deshalb werden in Zukunft auch wie gehabt beide Datensätze, sowohl die Original-Werte als auch Interbull veröffentlicht. Das Team von SEMEX wird nun aber die Original-Werte im Mittelpunkt der Beratung rücken, um aufgrund dieser dann verlässlichere Rückschlüsse einer Anpaarung zu ziehen. Mehr denn je ist nun die Arbeit unserer Teams vor Ort gefragt. Dieser Herausforderung stellen wir uns gerne. In diesem Sinne Ihr Team von Semex Deutschland